“Sie spielen Oper in Paris und bei den Londoner Proms, gastieren in Tokio, Taipeh und Seoul, begeistern jede Saison Tausende von Abonnenten, reißen Premierenpublikum und erlauchte Gäste immer wieder zu Ovationen hin – und dies beileibe nicht nur zur Festspielzeit. Und nun spielen sie auch in Polling. Das Bayerische Staatsorchester zählt zu den weltweit renommiertesten Opern- und Konzertorchestern, schaut auf eine legendäre, einzigartige Riege von Dirigenten, weist eine beinahe 500jährigen Historie auf, eilt derzeit von einem Sensationserfolg zum nächsten mit Kiril Petrenko.

Und weil man eben Bayerisches und nicht Münchner Staatsorchester heißt, wie der charmant moderierende Guido Gärtner, in Personalunion Geiger und Geschäftsführer der Bayerischen Staatsorchester Konzertgesellschaft mbH, anmerkt, hat man jetzt den unvergleichlich schönen, akustisch so hervorragenden Bibliotheksaal in Polling für sich entdeckt. Hier soll es in Zukunft zu einer Reihe von Konzerten mit Staatsorchestermitgliedern kommen. Starke Partner hat man sich dafür bereits gesucht. Denn eingefädelt hat diese Idee die Schirmherrin des Pollinger „Podium Musicacle e.V.“, Pianistin und Hochschulprofessorin Margarita Höhenrieder, dem Staatsorchester langjährig künstlerisch verbunden. Und um dem in Polling so fruchtbaren Nachwuchsförderungsgedanken gleichfalls Rechnung zu tragen, hat sie auch gleich die Hochschule für Musik und Theater München mit ins Boot geholt. […] 

Wer am Samstag das fulminante Auftaktkonzert miterleben konnte, durfte frohlocken und kann sich auf Zukünftiges freuen. Und wer wissen möchte, wie man aus einem schönen Klavierkonzert, 1837 aus der Feder Mendelssohns unmittelbar nach seiner Hochzeitsreise entsprungen, eine kammermusikalische Delikatesse machen kann, der braucht nur dem Praetorius-Quartett und Margarita Höhenrider zuhören. Den langesamen Mittelsatz hatten die fünf im Klangbild ideal zueinander passenden Künstler in einer Bearbeitung für Streichquartett statt Orchesterbegleitung an den Beginn des Programms gesetzt. Mit weichem, warmem Fluss kostet man diese Musik aus. Würde man an jedes Fingerglied von Margarita Höhenrieder eine kleine Waage hängen, würde man wohl mit Verblüffung physikalisch messen können, was im Konzert allein Ohr und Seele genießen dürfen: jede Note ist hier nuanciert, in ihrem Gewicht austariert, schwingt in perfekter Balance. […] 

Für das Finale haben sich Quartett und Pianistin dann Brahms herrliches f-Moll Quintett op. 34 aufgehoben. Und es passt eben einfach alles. Tritt die, zwar große Kraftreserven habende, aber ihre Partner nie übertrumpfende Höhenrieder aufs Gaspedal, folgt ihr der Quartett-Ferrari voll Speed auf der linken Spur. Man spart nicht an Dramatik und Spannung, findet zu einer überzeugenden Symbiose aus Leidenschaft, Zugkraft und Imagination, ohne jedoch auf den Schmelz leiser Töne und filigraner Bögen zu verzichten. Wie mit einem Wiener Sahnehäubchen versehen erhält das Andante zauberhaftes Flair. Dieser Brahms mit Augenzwinkern, Charme und Drive wird denn auch lautstark bejubelt.”

Dorothe Gschnaidner, 20.10.2019

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